Andreas Reckwitz: Pandemie und Staat. Ein Gespräch über die Neuerfindung der Gesellschaft.

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Dabei handelt es sich um ein Gespräch in der Reihe «rausgeblickt» der Friedrich- Ebert-Stiftung. Diese hat mit der «Akademie für Soziale Demokratie […] einen Ort zur Reflexion grundsätzlicher Fragen aus der Sicht der Sozialen Demokratie» geschaffen. In der Reihe «rausgeblickt» werden Gespräche geführt im Zusammenhang mit dem Phänomen der Pandemie. Ausgehend von der Krise werden soziale, persönliche, bildungspolitische, gemeinschaftliche Handlungen und Haltungen untersucht – immer mit Blick nach vorne.

Andreas Reckwitz ortet die Krise historisch, er betrachtet Wandlungen und Schwellen anhand von Strukturmerkmalen der Gesellschaftsformationen. Industrialisierung, Ökonomisierung, Technologisierung sind bisherige Merkmale, die entsprechend verschiedene bestimmende Werte und Kategorien geschaffen haben. Der neueste Wertewandel prämiert das Singuläre, schafft aber von der Gesellschaftsstruktur her ein Dreiermodell, das die Schicht der Service Class stark ausbaut. Durch die Krise steht diese entweder vor dem Ruin oder vor einer Forderung, die systemrelevant geworden ist. (53) «Vielleicht sind wir da am Anfang eines neuen Paradigmas* (61), das vor der Grundentscheidung Ordnung – Dynamik, Sicherheit – Fortschritt einen Ausgang aus der Ausnahmesituation sucht. Im Kontext von Sozioökonomie und Soziokultur beobachtet Reckwitz eine zunehmende Heterogenität sozialer Anerkennung und eine Erosion ziviler Normen. (64) Zudem zweifelt er, ob mit und nach der aktuellen Krise ein komplett neuer kultureller Kompass bestimmen werde.

Was das Problem sozialer und kultureller Heterogenität betrifft, Fragen also, die unter der Idee des Gemeinsinns behandelt würden, (70) sieht er Lösungen und Möglichkeiten vor allem in Mikrokosmen (ein Stadtteil, eine Institution). Vorbildhaft nennt er hier den Bildungssektor, der «mit grosser Heterogenität in der Schülerschaft» (75) umzugehen verstehe. Auch wenn das «Fortschrittsnarrativ» durch die Krise rückläufig geworden ist, auch wenn ein «Verlust an Zukunft» festgestellt werden kann, so wird andererseits eine Offenheit für Interaktionsorte sensibilisiert. (77) Damit solche vermehrt verwirklicht werden können, bedarf es sowohl sozialer Fantasie wie auch einen grösseren Einfluss an Repräsentanten.

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