Buchempfehlung zum Frauenstreik 14. Juni 2019

Virginie Despentes: King Kong Theorie. Aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz. Kiepenheuer & Witsch 2018, 148 Seiten.

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Autorin der Rezension: Natalie Widmer

Am 14. Juni 2019 findet in der Schweiz der zweite nationale Frauenstreik statt. Die Forderungen von heute decken sich grösstenteils mit den Forderungen von 1991: Frau streikt gegen Lohnungleichheit, Diskriminierung, sexuelle Belästigung und die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit. Es ist viel Unmut da, und zwar zu Recht!

Unmut, oder besser Wut oder Aggression findet sich auch in Virginie Despentes‘ autobiografischem Essay King Kong Theorie. Die französische Skandalautorin, im deutschsprachigen Raum vor allem bekannt seit ihrem Debütroman Baise-moi (2002), schreibt in ihrer feministischen Streitschrift gegen die Beschränkung des Menschen (sei er weiblich, männlich oder non-binär), gesellschaftlich definierte Geschlechter- und Rollenklischees an. In den verschiedenen Kapiteln berichtet Despentes unter der Schirmherrschaft feministischer Vorkämpferinnen wie Virginia Woolf, Angela Davis, Gail Pheterson, Annie Sprinkle und Simone de Beauvoir sprachgewaltig und sehr direkt über ihre eigenen traumatischen Erfahrungen mit sexueller Gewalt (Despentes wurde mit 17 vergewaltigt), Prostitution und Pornografie. Sie schreibt darin stark gegen die von der Gesellschaft an sie herangetragene (stumme) Opferrolle an und plädiert für einen selbstbestimmten und selbstbewussten Umgang mit dem Erlebten. Gerade für Leserinnen, die selber ähnliche Erfahrungen machen mussten, ist dieses Buch ein echter Befreiungsschlag, und für alle anderen Menschen, die sich mit der hochaktuellen Thematik beschäftigen, ein sehr kluger, aufwühlender Text.

Ihr 2006 auf Französisch erschienener Text hat bis heute nichts an Kraft und Aktualität verloren, ganz im Gegenteil! Die neue Übersetzung von Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz – Letztere hat auch die Vernon-Subutex-Trilogie der Autorin ins Deutsche übertragen – schafft es eindrücklich, die starke Emotionalität des Textes direkt zu übermitteln. Despentes‘ Wut wirkt niemals aufgesetzt oder gekünstelt, sondern sehr überzeugend und ansteckend.