Atef Abu Saif «Leben in der Schwebe»

Der 2014 erstmals erschienene Roman von Atef Abu Saif führt nach Gaza und erzählt die Geschichte des 63-jährigen Naîm. In seiner Druckerei fertigt er vor allem Poster von jungen Menschen an, die im Kampf gegen die israelische Besatzungsmacht gestorben sind. Eines morgens wird Naîm selber durch den Blindgänger eines israelischen Snipers getötet.

Ausgehend von Naîms Tod und der Trauer seiner Angehörigen taucht der Roman tief in die so komplexe wie wechselhafte Geschichte des Gazastreifens und seiner Bewohner*innen ein. Er geht der Debatte rund um Heldentum und Opfermut nach, beleuchtet die verworrenen Strukturen der Macht und die Instrumentalisierung der Religion und schont dabei keine politische Seite. Vielmehr verleiht der Roman der Zivilgesellschaft aus Gaza eine Stimme und zeigt auf, wie sie sich zur Wehr setzt. In deutscher Sprache ist «Leben in der Schwebe» am 9. Januar 2025 beim Sujet Verlag erschienen.

Das Gespräch zur Lesung moderiert Hartmut Fähndrich. 

Atef Abu Saif kam 1973 in einem Flüchtlingscamp in Jabalia zur Welt. Als Autor hat er zahlreiche Romane veröffentlicht. Er war Professor für Politikwissenschaften an der Al-Azhar Universität in Gaza, von 2019 bis 2024 Kulturminister der Palästinensischen Autonomiebehörde und ist bis jetzt Chefredaktor des Magazins Siyasat. Zurzeit forscht er am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Bis im Herbst 2023 hat Atef Abu Saif Gaza mindestens einmal im Monat besucht. Darüber, was er und die Bewohner*innen von Gaza nach dem  7. Oktober 2023 erlebten, berichtete er im April 2024 im Magazin des Tagesanzeigers: 

  • «Im unerbittlichen Würgegriff des Krieges verblasst [das Leben des Menschen] zu einem flüchtigen Geflüster inmitten eines Sturms an Gewalt, ihr Tod wird zu einem blossen Strich in der Statistik der Annalen der Weltgeschichte.»

Den ganzen Artikel gibt es hier

Hartmut Fähndrich unterrichtete von1978 bis 2014 Arabisch und Islamische Kulturgeschichte an der ETH Zürich. Von 1984 bis 2010 war er Herausgeber der Reihe «Arabische Literatur» des Lenos Verlags. Für seine zahlreichen literarischen Übersetzungen aus dem Arabischen ins Deutsche wurde er vielfach ausgezeichnet.