Verlagspräsentation: edition clandestin

Mit einer Lesung von Stephanie Tangerding aus ihrem Buch ’nicht von nacht‘

Der Verlag edition clandestin kommt zu Besuch nach Basel ins Labyrinth für eine exklusive Vorstellung des Verlagprogramms mit einer Lesung. Das Programm des Abends gewährt uns einen einzigartigen Einblick in die Welt eines unabhängigen Buchverlags, wie sich ein Verlag ein Profil erarbeitet, wie konkret ein Buchprojekt realisiert oder eine Verlagsvorschau kreiert wird.

edition clandestin publiziert seit über 30 Jahren Kunstbücher, bibliophile Vorzugsausgaben, Kunstblätter und Publikationen im Bereich visuelle Literatur. Die Verlagspraxis widmet sich der Veröffentlichung, Bekanntmachung und Förderung von zeitgenössischen Kunstschaffenden verschiedener Sparten im In- und Ausland. edition clandestin mit Sitz in Biel/Bienne in der Schweiz, fungiert als Bindeglied zwischen den Projektbeteiligten. Der Verlag legt den Fokus auf das Medium Buch in all seinen Facetten und strebt ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen Inhalt, Gestaltung und Haptik an. 2021 erhält der Verlag die Ehrung für besondere kulturelle Verdienste von der Stadt Biel.

An dem Abend im Labyrinth werden die Verlagsleiterin Judith Luks und die Gestalterin und Bildforscherin Francesca Petrarca anwesend sein. Ebenfalls freuen wir uns auf die Regisseurin, Schauspielerin und Dozentin Anina Jendreyko und die Autorin Stephanie Tangerding, die aus ihrem Buch ‚nicht von nacht‚ lesen wird. Die Lesung rundet den Abend thematisch und ästhetisch ab mit einem intimen Einblick in Erinnerungen, die irgendwo zwischen der Bildlichkeit von Sprache, der Sprachlichkeit von Bildern und der dazwischen entstehenden Mediallitäten hin und her gleiten.

Mit anschliessendem Apéro.

 

Nachwort zum Buch der Lesung:

Klein geschrieben ist die «nacht» dem «nicht» schwesterlich nahe. Als Pendant zum «nicht» streift sie ihre dunkle Schwere ab und macht einem leisen Aufbegehren Platz. Denn «nicht von nacht» ist ein Titel gegen das Vergessen; ein Tagebuch, das im Naheliegenden Vergangenes freilegt, auch Verlorenes wiederentdeckt. Hoffen und Bangen greifen nach dem Wort jenseits überprüfbarer Sinnzusammenhänge. Sprache folgt jener filigranen Spur, die Augenblicke, ein Geräusch, auch den Atem zum Wegweiser des Erinnerns nimmt. Wirbelndes Laub, die Verfärbung eines Nadelbaums, Autoreifen auf nassem Asphalt oder das Rauschen einer Heizung scheinen auf als ephemerer Hintergrund einer autobiografischen Nachdenklichkeit. Gelesenes intoniert fragmentarisch solches Schreiben, geht ihm voraus oder gibt ihm Antwort.

Täglich und über ein Jahr hat sich Stephanie Tangerding an den Schreibtisch gesetzt und Wahrnehmung – nach innen, nach aussen – ernst genommen als Echoraum gelebten Lebens. Gegenwart kristallisiert zu Bildern aus, im Umraum von Silben stockt die Zeit, kehrt Kindheit zurück und mit ihr die Grossmutter, die Mutter, der Vater. Wir lesen von einer Heimat unter weitem Himmel, von einer aus Schutt und Asche geborgenen Vase, von Gerüchen im italienischen Frühling und nicht zuletzt vom Tod, den kein Schweigen vergessen machen kann. Das Fenster, ein Fluss, die Witterung sind weiterhin da. Fotografie erkundet die unterschiedlichen Aggregatzustände von Gegenwart und weist «nicht von nacht» noch einmal aus als ein Buch, das nach Ordnungen sucht im Lauf der Zeit.

Isabel Zürcher, im März 2022