Anlässlich seines 80. Geburtstags haben wir eine Auswahl an Büchern des vielfach ausgezeichneten Autoren, Publizisten und Übersetzers Felix Philipp Ingold zusammengestellt, der seinerzeit in Basel studiert hatte.
Auch sein neuestes Werk, der Essayband «Denken im Abseits» ist in der Buchhandlung Labyrinth eingetroffen. Gerne teilen wir hier unsere Rezension mit Ihnen:
Felix Philipp Ingold: Denken im Abseits. Privatphilosophien der Moderne. Klagenfurt und Graz: Ritter, 2022.
Felix Philipp Ingold hat eine Anthologie vorgelegt mit etwa zwei Dutzend Portraits von Philosophen, die ausserhalb der Universität als «Selbstdenker» eine eigene Philosophie entwickelt haben. «Privat» heisst hier unbeugsam und eigensinnig, unabhängig von der «schul- und traditionsbildenden Grossmacht der klassischen Philosophie», dabei aber durchaus auf Veröffentlichung zielend. Die Autoren müssen sich nicht unbedingt selber als Philosophen bezeichnet haben, sondern mit den letzten Fragen umgegangen sein, wie etwa Franz Hohler, Hugo Ball und Edmond Jabès. Darüber hinaus sind die meisten der Vorgestellten weitgehend unbekannt oder vergessen; wir begegnen also nicht zum wiederholten Mal Nietzsche oder Blanchot, Cioran oder Walter Benjamin, sondern Benjamin Fondane, Anatol Rapoport, Albert O. Hirschmann und dem famosen Manlio Sgalambro. Am ehesten kennt man Siegfried Kracauer, Fritz Mauthner und Michail Bachtin – aber der Bruder des letzteren, Nicholas Bakhtin, ist unbekannt geblieben.
Das Buch wird eingeleitet von einem ausführlichen Vorwort, das die Ziele und Grenzen der Unternehmung erläutert. Dort wird auch begründet, warum neben all den Männern keine einzige Autorin präsentiert wird. Das Ganze ist die Prosa eines nun achtzigjährigen Lyrikers, Romanciers und Philologen. Sie ist ebenso dicht wie klar, nie überladen, sondern bleibt durchgängig – sit venia verbo – süffig.
Die Essays sind zwischen zehn und zwanzig Seiten lang und werden jeweils mit einer schwarzweissen Portraitphotographie eröffnet; sie «sollen die Problem- und Formenvielfalt selbsttätigen Philosophierens vor Augen führen» und «sind so angelegt, dass Biographie und Werk der Autoren in konsequenter Engführung dargestellt und in ihrer jeweils spezifischen Wechselbeziehung erhellt werden». Das gelingt in vollem Umfang. Schlüsselstellen werden ausführlich zitiert und präzise kommentiert, historische Kontexte – immer wieder die grausamen Wirren der Weltkriege – werden aufgerufen, Beziehungen zu anderen Autoren und Künstlern genannt, und dem etwas kleiner gedruckten Block mit bibliographischen Hinweisen jeweils am Ende der Stücke ist zu entnehmen, dass Ingold zu manchen dieser Autoren bereits vor Jahrzehnten wissenschaftlich publiziert hat. Also wird aus der Fülle der Werkkenntnis heraus immer auch interpretiert, präzise spekuliert und schlussendlich wohlbegründet gewürdigt – und manchmal auch lehrreich geurteilt. Ingold findet zuverlässig eine Perspektive, aus der auch noch so Abseitiges fruchtbar betrachtet werden kann.
Die Essays sind zwischen zehn und zwanzig Seiten lang und werden jeweils mit einer schwarzweissen Portraitphotographie eröffnet; sie «sollen die Problem- und Formenvielfalt selbsttätigen Philosophierens vor Augen führen» und «sind so angelegt, dass Biographie und Werk der Autoren in konsequenter Engführung dargestellt und in ihrer jeweils spezifischen Wechselbeziehung erhellt werden». Das gelingt in vollem Umfang. Schlüsselstellen werden ausführlich zitiert und präzise kommentiert, historische Kontexte – immer wieder die grausamen Wirren der Weltkriege – werden aufgerufen, Beziehungen zu anderen Autoren und Künstlern genannt, und dem etwas kleiner gedruckten Block mit bibliographischen Hinweisen jeweils am Ende der Stücke ist zu entnehmen, dass Ingold zu manchen dieser Autoren bereits vor Jahrzehnten wissenschaftlich publiziert hat.
Also wird aus der Fülle der Werkkenntnis heraus immer auch interpretiert, präzise spekuliert und schlussendlich wohlbegründet gewürdigt – und manchmal auch lehrreich geurteilt. Ingold findet zuverlässig eine Perspektive, aus der auch noch so Abseitiges fruchtbar betrachtet werden kann.
Viele andere Werke von Felix Philipp Ingold warten im hinteren Schaufenster des Labyrinths auf Leser*innenschaft.