Nr. 135: Politische Korrektheit, Zensur und Boykott
LI ist immer zu empfehlen. Im zuletzt erschienen Heft möchte ich auf den Aufsatz von Marcus Quent aufmerksam machen, der das Verhältnis Jugend und Philosophie reflektiert. Er geht von Adorno aus, der die Philosophie als eine «Sache der Jugend» bezeichnet hat. Sicher können dabei Widerstand und Abstand zum Bestehenden, Gegebenen angeführt werden, doch vielmehr geht es Adorno darum, dass diese a priori vorausgesetzt sind. Das Denken markiert in seiner kritischen Stossrichtung eine «ursprüngliche Distanz», indem es «über die Wirklichkeit, wie sie ist, hinausschiesst». Mit dem Überschuss des Gedankens hört der Mensch nicht auf sich zu revoltieren. Und er bewahrt den Elan, sich nicht zu resignieren, aus dem Abstand, den das Denken schafft. Dieser Satz formt einen Chiasmus. Derselbe Elan kann von zwei verschiedenen Standpunkten beansprucht werden. Sowohl der alte Weise wie der jugendliche Revoltierer gehen von einem Abstand zum Ist-Zustand aus. «Was ist, ist mehr, als was es ist» wird dadurch relativiert – der Verdacht kommt auf, es bestehe zwischen den beiden (Alter und Jugend) eine Komplizenschaft – und zugleich hat die Philosophie aus diesem Mehr ihr Axiom geformt.