Aus dem Amerikanischen von Maria Hummitzsch. Piper 2020, 416 Seiten
Lisa Taddeo erzählt in ihrem Roman die Geschichten der drei Frauen Sloane, Lina und Maggie: Um sich selbst und ihren Mann zu befriedigen, geht Sloane mit anderen Männern ins Bett und filmt sich dabei. Lina löst sich aus ihrer leidenschaftslosen Ehe mit Ed, um sich in eine heisse Affäre mit ihrer Jugendliebe Aidan zu stürzen. Maggie verliebt sich als Siebzehnjährige in ihren High-School-Lehrer Aaron Knodel, der mit ihr ein Verhältnis beginnt. Vier Jahre später zeigt sie ihn an wegen Verführung Minderjähriger – und der «Lehrer des Jahres» wird in allen Anklagepunkten freigesprochen.
Ganz ehrlich: Zeitweise würde man das Buch gerne weglegen, weil die Erzählungen nichts auslassen und teilweise tieftraurig und abscheulich sind. Und doch fesseln die Worte Taddeos ganz ungemein. Ihr ist es gelungen, in ihren Kapiteln drei ganz unterschiedliche Erzählstile zu gestalten, so gelingt es einem noch besser, sich in die Frauen hineinzuversetzen.
Nochmals: Nein, das sind keine angenehmen Geschichten zum Lesen, und doch zeigen sie auf erschreckende Weise exemplarisch auf, wie sehr das weibliche Begehren und die Sexualität dieser drei Frauen geprägt ist von ihren Biografien, den damit verbundenen Abhängigkeiten und der Bewertung der Gesellschaft – und zwar gleichermassen von Männern wie von Frauen!
Das Buch wurde seit seinem Erscheinen sehr kontrovers diskutiert: Manchen war es nicht divers genug (keine homoerotische Beziehung), für manche nicht feministisch genug (2x Klitoris, 23x Penis), für manche bedeutete es gar ein Rückschritt in Sachen Emanzipation. Ich persönlich finde, dass es ein wichtiges Buch ist. Es ist ein Weckruf, ein Zeichen, dass in Sachen Gleichstellung und Solidarität unter Frauen tatsächlich noch einiges zu tun ist. Besonders erschreckend ist vielleicht, dass Sloane, Lina und Maggie vor allem von anderen Frauen für ihr Begehren verurteilt und nicht gesehen werden. Taddeo schreibt im Epilog: «Selbst wenn Frauen Gehör finden, müssen es die richtigen Frauen sein, damit man ihnen zuhört. Weisse Frauen. Reiche Frauen. Schöne Frauen. Junge Frauen. Am besten all das in einem.» Und: «Wir dürfen sagen: Wir wollen vögeln, wen wir wollen. Wir dürfen aber nicht sagen: Und wir glauben, dass uns das glücklich macht.» Ja, das ist unbequem. Aber es lohnt sich, darüber nachzudenken!