Kathleen Collins: Nur einmal, Storys, Aus dem Amerikanischen von Autor Brigitte Jakobeit und Volker Oldenburg, Kampa Verlag 2018.
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Die Autorin der Rezension: Annina Afshari
«Entweder man will etwas, oder man will es nicht. Begründungen sind wie Lächeln, Mann, sinnloses Getue»
Kathleen Collins ist nicht die erste Frau, die bisher in der Kanonbildung übergangen wurde. Es ist umso wichtiger, dass ihre Storys nun übersetzt und endlich auf deutsch veröffentlicht wurden.
Kathleen Collins wurde 1942 in New Jersey geboren. 1962 schloss sie sich dem SNCC (Student Nonviolent Coordinating Committee) an. Später studierte sie Filmgeschichte an der Sorbonne. Ab 1974 hatte Collins eine Professur am City College of New York inne und war nebst ihrer literarischen Arbeit auch als Regisseurin tätig.
In «Nur einmal» sind Storys versammelt, die Kathleen Collins 1988 bei ihrem frühen Tod zurückgelassen hat. Davon wurde zu Lebzeiten Collins’ nur eine einzige veröffentlicht und dies, wie es im Nachwort zur Ausgabe heisst, in «einem obskuren Literaturmagazin». Weder ihre literarischen noch ihre cineastischen Werke fanden Beachtung, bis 2016 endlich die Storys erschienen und Collins’ Spielfilm «Losing Ground» (aus dem Jahre 1982) erstmals in die Kinos kam.
«Es gehörte zu den schöneren Momenten, als ich begriff, dass kein Mensch den Qualen der Einsamkeit entkommt.»
Collins’ Texte sind bisweilen gnadenlos ehrlich, es ist hier eine Autorin am Werk, die sich nicht vor den menschlichen Abgründen scheut. Viele der Texte lassen einen autobiographischen Bezug vermuten, legen dabei aber auch offen, wie persönliche Geschichten immer mit den politischen Umständen verwoben sind. Die Bürgerrechtsbewegung, der Kampf gegen Rassismus und Segregation, sind dauernd präsent – prallen dabei aber nicht nur auf den Widerstand weisser Rassisten, sondern auch auf die als konservativ-ängstlich beschriebene Stimmung einer Schwarzen Mittelschicht. Kathleen Collins Literatur entzieht sich einer zu schlichten Lesart und wehrt sich gegen allzu platte Er- oder Bekenntnisse.
«Er fuhr mit ihr zu ihren Eltern nach New Jersey, wo sie ihm im Garten die Rosen ihres Vaters zeigte… ihm ihre Kindheit zeigte und alles, was pikste und wehtat und schwer zu verzeihen war.»
Die Geschichten sind gleichzeitig geprägt von einer starken Sehnsucht nach einer «echten» Liebe, immer neue Anläufe bringen immer neue Formen von Hindernissen und Enttäuschungen hervor. Liebe, die sich an der rauhen Oberfläche elterlicher Engstirnigkeit zerschrammt, an den gesellschaftlichen Verhältnissen seine Unmöglichkeit erprobt, an plumpem Narzissmus scheitert oder ganz profan in einer Lichtregie-Anweisung der Autorin langsam ausgedimmt wird. Ein Vokabular des Scheiterns und zugleich eine immer wieder vor Kraft strotzende Sprache, ein energisches Aufschwingen zu den Höhepunkten, in ihrer ganzen Vergänglichkeit.
«Eine Zeitlang verstanden sich die Menschen. Innerhalb des «Eine Zeitlang verstanden sich die Menschen. Innerhalb des Schmelztiegels. Innerhalb des Schmelztiegels.»
Kathleen Collins’ Storys entwickeln innert kürzester Zeit einen starken Sog, sie sind literarisch so klug und pointiert arrangiert, dass beim Lesen bisweilen eine ungeahnte Mischung an Gefühlen evoziert wird. Es ist ein sehr dialogisches Erzählen, in dem wir viele Gespräche von Figuren mitverfolgen können, ebenso oft fühlt der/die Leser_in sich jedoch selbst hineingezogen in das Gespräch, das sich über die Kontinente, über die Zeit hinweg auftut. Wer bereit ist, diesen Stimmen zuzuhören, kann dabei nicht nur einiges über die Vergangenheit, sondern auch viel für die Zukunft lernen.