Serhij Zhadan: Himmel über Charkiw

Der ukrainische Autor Serhij Zhadan ringt angesichts des vollumfänglichen Angriffskrieg gegen sein Land und den täglichen Bombardierungen seiner Stadt zunächst nach Worten: „Der Krieg bricht die Sprache, am 24. Februar war niemand mehr Poet.“ Doch Schweigen ist für ihn keine Option. Bald steht der Schriftsteller in einer Charkiwer Metrostation und singt und macht Musik für die Menschen, die hier Schutz vor den russischen Raketen gefunden haben. Serhij Zhadan ist in Charkiw geblieben. Unermüdlich hat er Spenden und Hilfsgüter gesammelt sowie mit seiner Band «Zhadan i Sobaki» («Zhadan und die Hunde») Solikonzerte gegeben. Er schrieb auf Facebook und Instagram, er twitterte und befand sich ständig im Austausch mit Menschen. Es ist schwer zu sagen, woher Zhadan diese Energie nimmt. 

Jetzt sind seine Internetposts und Fotos als Buch erschienen. «Der Himmel über Charkiw» ist ein berührendes und wütendes Zeitdokument, ein Buch ohne explizit literarischen Anspruch. Nie habe er gedacht, jemals so emotional und ideologisch zu schreiben, meint Zhadan im Nachwort. Doch es gehe gerade nicht um Literatur, sondern um die Wirklichkeit selbst. 

Serhij Zhadan zählt zu den bedeutendsten literarischen Akteur*innen der Ukraine. Er ist bekannt für seine genauen lyrischen Beobachtungen von Lebensrealitäten. In seiner Lyrik und Prosa erzeugt er mit sprachlichen Mitteln eine enorme atmosphärische Dichte und schafft Bilder und Wahrnehmungen, die nachwirken. 

Für sein bewegendes Werk und seinen humanitären Einsatz erhielt Serhij Zhadan im Oktober 2022 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Die Laudatio hielt Sasha Marianna Salzmann. Auch sie unterstreicht, es ist an der Zeit, ukrainische Literatur zu lesen und zu teilen und so ukrainische Lebenserfahrungen sichtbar zu machen. «Wenn man etwas sichtbar macht, dann ist das ein kleiner Moment der Reparatur der Welt.»

Serhij Zhadan: Himmel über Charkiw. Nachrichten vom Überleben im Krieg, Suhrkamp 2022.

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